Überwachung des Berlin-Verkehrs

Abfertigung des Reiseverkehrs

- Hochsteuerbare Waren

Transitstrecke - Reisepass mit DDR-Stempelabdrucken

Zur Generierung von Einnahmen (Devisen) hatte die DDR sogenannte Intershops eingerichtet. In diesen Geschäften, die auch an der Transitstrecke zwischen Berlin und der Bundesrepublik Deutschland vorhanden waren, konnten Reisende insbesondere Zigaretten (200 Zigaretten für etwa 25 DM) und alkoholische Getränke deutlich unterhalb der in der Bundesrepublik Deutschland üblichen Preise kaufen.

Die DDR gehörte nicht zum Geltungsbereich des Verbrauchsteuergebiets der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb durften von Personen verbrauchsteuerfrei z. B. nur 200 Zigaretten und 1 ltr. Alkohol in die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin eingeführt werden. Die Einhaltung dieser Vorschriften war durch entsprechende Kontrollen des Zolls zu überwachen.

Wurden die Freimengen überschritten, waren die entstandenen Steuern durch die Zollbeamten festzusetzen und zu erheben. Haben Reisende die Frage der Zollbeamten nach mitgeführten Waren nicht oder unrichtig beantwortet, konnte zusätzlich zu den Steuern ein sogenannter Zollzuschlag in Höhe der Steuern, höchstens bis zur Höhe von 100 DM, erhoben werden. Mit der Zahlung der Steuern (18 DM für 200 Zigaretten) konnte der von den Reisenden angestrebte wirtschaftliche Vorteil nicht realisiert werden. Vielmehr waren die günstig im Intershop erworbenen Waren im Ergebnis teurer als in der Bundesrepublik Deutschland zu erwerbende Waren gleicher Marken.

Sofern die hochsteuerbaren Waren z. B. an schwer zugänglichen Stellen versteckt waren, war ein Steuerstrafverfahren mit der Folge einzuleiten, dass neben den Steuern auch noch eine Strafe zu zahlen war. Fallabhängig (z. B. unter Berücksichtigung des eingetretenen Steuerschadens) konnte von dem mit der Sache befassten Gericht auch eine Freiheitsstrafe wegen Steuerhinterziehung (§§ 370, 373 Abgabenordnung) ausgesprochen werden.

Wurden die Steuern nicht gezahlt, waren sie durch die Vollstreckungsbeamten der Hauptzollämter einzutreiben (z. B. durch Pfändung beim Steuerschuldner vorhandener Wertsachen).

- Bekämpfung der Rauschgift- und Waffenkriminalität

Unter die sogenannten VuB-Bestimmungen (Verbote und Beschränkungen) fielen (und fallen auch heute noch) z. B. das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) und das Waffengesetz. In diesen Gesetzen wurde / wird u. a. geregelt, dass die Ein-, Durch- und Ausfuhr von dem BtmG unterfallenden Stoffen (wie Cannabisprodukte, Kokain, Heroin etc.) und Waffen - ohne erforderliche Ausnahmegenehmigung - verboten war / ist. Da die Verbote griffen, sobald "verbotene Gegenstände" z. B. in den Geltungsbereich der VuB-Gesetze eingeführt wurden, war Personen im Transitverkehr und Reisenden aus der DDR strafbares Handeln auch dann vorzuwerfen, wenn sie nur zum Eigenkonsum Rauschgift mitführten. Die Einhaltung dieser Verbote war von Bediensteten der Zollbehörden zu überwachen.

Festgestellte Verstöße führten zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren und zur Beschlagnahme der aufgefundenen Beweismittel (siehe Schmuggel).

Rückblickend wird festzuhalten sein, dass insbesondere festgestellte Verstöße gegen das BtmG häufig darauf beruhten, dass anlässlich eines Besuchs in West-Berlin spontan Betäubungsmittel für den Eigenkonsum (auch mit Gleichgesinnten) erworben wurden. Allerdings konnten auch gezielte Beschaffungsfahrten (auch aus dem Großraum Braunschweig / Wolfsburg) nach Berlin festgestellt werden. Weiterhin konnten auch Rauschgifttransporte nach Berlin von den Zollbeamten der Grenzkontrollstellen und des Zollkommissariats Helmstedt aufgedeckt werden.

Pass- und aufenthaltsrechtliche Verstöße

Helmstedt - Bahnhofsgebäude

Von den Beamten des Zollkommissariats Helmstedt wurden im Rahmen von Zollkontrollen bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Bahnhof im Transitverkehr von und nach Berlin vereinzelt

- unerlaubte Einreisen von Personen festgestellt, die als Ausländer nicht über ein zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland erforderliches Visum verfügten.

- in der Bundesrepublik Deutschland „geduldete“ Personen angetroffen, die mit der Reise nach Berlin unerlaubt den von der zuständigen Behörde bestimmten Aufenthaltsort (Bundesland / Landkreis) verlassen hatten.

- erkannt, dass für andere Personen ausgestellte „Duldungen“ als Legitimationspapier genutzt wurden.

- aufgedeckt, dass zur Verschleierung der wahren Identität mehrere (ausländische) Reisepässe mitgeführt wurden.

Die festgestellten Personen wurden an den Grenzschutzeinzeldienst (GSE), der für die Passkontrolle bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Bahnhof zuständig war, übergeben.

Abfertigungen auf der Grundlage des Verplombungsgesetzes

Vorgeschichte

Lastkraftwagen und andere Beförderungsmittel (Binnenschiffe, Eisenbahnwaggons), die Güter zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) im Durchgangsverkehr (Transitverkehr) befördert haben, wurden in den 1960er / bis Anfang der 1970er Jahre regelmäßig durch den Zoll der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) kontrolliert.

Diese Kontrollen lagen weder im Interesse der Wirtschaft noch der in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) in Verantwortung stehenden politischen Parteien.

Das Viermächte-Abkommen vom 3. September 1971 hatte die Grundlagen dafür geschaffen, dass zivile Ladungen im Durchgangsverkehr dann nicht kontrolliert werden, wenn vor der Abfahrt in der Bundesrepublik oder in Berlin (West) verplombte Transportmittel benutzt wurden.

Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn - Blick auf die Stationen zur Abfertigung des Lkw-Transitverkehrs nach Berlin; (Foto: Günter Mach, Lizenz: Kontrollpunkt Helmstedt 5 (G. Mach), CCX BY-SA 2.5)

Von der damaligen Bundesregierung wurde es als im Interesse der Sicherheit des Durchgangsverkehrs liegend angesehen, dass ein möglichst großer Teil der im Durchgangsverkehr eingesetzten Transportmittel verplombt wird. Dadurch sollte eine schnelle und reibungslose Durchfahrt durch das Gebiet der DDR sichergestellt und Missbrauch verhindert werden.

In der Folge wurde im Gesetz über die Verplombung im Durchgangsverkehr von zivilen Gütern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) – Verplombungsgesetz – vom 23. Juni 1972 im Wesentlichen normiert, dass

- im Durchgangsverkehr eingesetzte Fahrzeuge „zollsicher“ herzurichten und (auch Leerfahrzeuge) grundsätzlich zu verplomben waren.

- die Zollbehörden für die Durchführung dieses Gesetzes zuständig sein sollten.

Das Gesetz bürdete der Transportwirtschaft wegen der „zollsicheren“ Herrichtung der im Durchgangsverkehr eingesetzten Fahrzeuge nicht unerhebliche Kosten auf.

Bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn wurden aufgrund dieses Gesetzes in Fahrtrichtung Berlin zwölf Abfertigungsspuren eingerichtet, um die von den Zollbehörden vorzunehmenden Prüfungen und Verplombungen durchführen zu können.

Weiterhin wurde für die aus Berlin (West) einfahrenden Lastkraftwagen eine gesonderte Abfertigungsstation errichtet.

Skizzierung der Abfertigung des Durchgangverkehrs nach Berlin (West)

Für die Verplombung der nach Berlin (West) fahrenden Lastkraftwagen wurde – unter Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens – die jeweilige Abfertigungsstation, von der aus 2 Fahrspuren zu erreichen waren, mit drei Beamten besetzt, die folgende Aufgaben zu erfüllen hatten:

Ein Beamter („Beurkunder“) hatte das von den Lkw-Fahrern vorzulegende „Zollverschlussanerkenntnis“ (Bescheinigung, dass ein Lkw zollverschlusssicher hergerichtet war) und den zum Transport der Waren erforderlichen Warenbegleitschein (WBS) zu prüfen.

Die für die Verplombung der Transportmittel zuständigen Beamten hatten zu prüfen, ob alle Verschlussseile ordnungsgemäß durch die angebrachten Ösen gezogen, ggf. Risse in der Schutzdecke / Plane des Lkw oder andere die Verschlusssicherheit beeinträchtigende Mängel / Manipulationen feststellbar waren.

Sofern keine die „Zollverschlusssicherheit“ beeinträchtigenden Feststellungen getroffen wurden, war die erforderliche Anzahl an Zollverschlüssen (Zollplomben aus Blei, bei denen ein Bleistück an den Enden eines Drahtes / Fadens mit einer Zollzange zusammengepresst wurde, oder sogenannte aus Blech bestehende Tydenseal-Verschlüsse) anzulegen.

Der „Beurkunder“ hatte sodann die Anzahl der angelegten Plomben mit der Nummer der eingesetzten Zollzange (z. B. D 142) oder die Anzahl der angelegten Tydenseal-Verschlüsse mit den Nummern dieser Zollverschlüsse auf dem aus drei Seiten (Durchschreibeverfahren) bestehenden Warenbegleitschein zu vermerken, mit seiner Unterschrift zu beurkunden und mit einem Stempelabdruck der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn zu versehen. Danach war das Zollverschlussanerkenntnis, der bearbeitete Warenbegleitschein und ein „Ausfahrtzettel“, der vor Verlassen des Amtsplatzes der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn bei dem als „Tor-Posten“ eingesetzten Beamten abzugeben war, an den Lkw-Fahrer auszuhändigen.

Zur praktischen Erleichterung und Beschleunigung des Abfertigungsprozesses bei den Grenzkontrollstellen konnten Verschlüsse auch von Binnenzollstellen angelegt werden. Darüber hinaus konnten auch Unternehmen ermächtigt werden, unter bestimmten Voraussetzungen selbst Plomben anzulegen.

Skizzierung der Abfertigung des Durchgangverkehrs aus Berlin (West)

Abfertigungsstation (rechts) für die im Berlin-Verkehr einfahrenden Lkw (Creative Commens-Lizenz CC BY-NC-ND, Nds. Landesarchiv – Abt. Wolfenbüttel, Archivsignatur: 5 Bund Zg. 25/2008 Nr. 15)

Aus Berlin (West) einfahrende Lkw-Fahrer hatten Blatt 1 des Warenbegleitscheins (Für die Kontrollbehörden des Empfangsgebietes) bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn abzugeben (Blatt 2 war „Für die Zollorgane der Deutschen Demokratischen Republik“, Blatt 3 war „Für den Anmelder“).

Der den Warenbegleitschein annehmende Beamte hatte das Dokument zu prüfen und zu entscheiden, ob eine Zollkontrolle durchzuführen war, denn:

Die im Durchgangsverkehr eingesetzten Lkw-Fahrer hatten – wie andere Reisende im Transitverkehr auch – die Möglichkeit, in Intershops an der Transitstrecke hochsteuerbare Waren (insb. Zigaretten und alkoholische Getränke) zu Preisen einzukaufen, die deutlich unter den Einkaufspreisen in der Bundesrepublik Deutschland lagen.

Da das Verbringen dieser Waren jedoch nur im Rahmen bestimmter Freigrenzen (200 Zigaretten, 1 ltr. Trinkbranntwein) steuerfrei möglich war, war die Einhaltung der geltenden Bestimmungen stichprobenweise zu kontrollieren.

Im Rahmen dieser Kontrollen wurden immer wieder Überschreitungen der gesetzlich festgelegten Freimengen festgestellt. Die über die Freimengen hinausgehenden hochsteuerbaren Genussmittel waren noch vor Ort zu versteuern.

Wurde nach Aufforderung durch die Zollbeamten keine oder eine unrichtige Anmeldung der mitgeführten Waren abgegeben, war zusätzlich zu den pauschaliert zu erhebenden Steuern noch ein sogenannter Zollzuschlag (in Höhe der Steuern, höchstens jedoch 100 DM) zu entrichten.

Sofern die nicht oder unrichtig angemeldeten Waren jedoch den Wert von 240 DM (umgerechnet rd. 123 €) überschritten hatten, war ein Steuerstrafverfahren einzuleiten. Ein Steuerstrafverfahren war auch dann einzuleiten, wenn die Waren vom Lkw-Fahrer z. B. an schwer zugänglichen Stellen versteckt waren, um das Entdeckungsrisiko im Falle einer Zollkontrolle zu minimieren.

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