Reise- und Güterverkehr (international)

Die Grenzkontrollstellen (GKSt) Helmstedt-Autobahn und Helmstedt-Bahnhof waren an Verkehrswegen eingerichtet worden, die nicht nur für den Berlin-Verkehr und den Warenverkehr mit der DDR, sondern auch für Warentransporte insbesondere aus ost- und südosteuropäischen Staaten und für Warenausfuhren in Staaten dieser Regionen von erheblicher Bedeutung waren.

Nachfolgend wird ein grober Überblick über die zollamtliche Behandlung ein-/ausgeführter Waren bei den Grenzkontrollstellen Helmstedt-Autobahn und Helmstedt-Bahnhof gegeben.

Abfertigung des Reiseverkehrs

Reisende, die z. B. aus der damaligen Sowjetunion (UdSSR), Polen, der Tschechoslowakei, Bulgarien, Rumänien oder der Türkei über die Grenzkontrollstellen Helmstedt-Autobahn und Helmstedt-Bahnhof in die Bundesrepublik Deutschland einreisten, durften u. a. 200 Zigaretten, 1 ltr. Alkohol und sonstige Waren im Wert von 100 DM eingangsabgabenfrei einführen.

Wurden diese Freimengen bzw. Wertgrenzen überschreitende Mengen / Waren bei der Einreise mitgeführt, mussten diese verzollt und versteuert werden. Die Höhe der Einfuhrabgaben wurde regelmäßig anhand pauschalierter Abgabensätze ermittelt.

Einfuhrabgaben waren seinerzeit vorrangig von Personen zu erheben, die aus Polen einreisten. Steuerpflichtig wurden vielfach polnische Staatsangehörige, die auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte (z. B. im Ruhrgebiet) oder auf einer Besuchsreise waren und den in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Verwandten und Freunden Zigaretten und alkoholische Getränke (Wodka) als Geschenk mitbringen wollten. Bei den Zigaretten handelte es sich dabei regelmäßig um in Polen hergestellte ("Eigen-") Marken, für die es auf dem hiesigen Markt kaum Nachfrage gab. Da die Reisenden häufig nicht über die erforderlichen Mittel zur Zahlung der entstandenen Eingangsabgaben verfügten, waren die hochsteuerbaren Waren sicherzustellen und bis zur Begleichung der Steuerschuld bei der Zollzahlstelle aufzubewahren.

Deutsche Staatsangehörige führten bei der Einreise aus Polen ebenfalls häufig Wodka und Zigaretten in die Bundesrepublik Deutschland ein. Bevorzugt wurden jedoch Zigarettenmarken, die auch auf dem westeuropäischen Markt erhältlich, in Polen aber deutlich günstiger erworben werden konnten.

Gegen deutsche Staatsangehörige (vereinzelt auch gegen polnische Staatsangehörige) waren immer wieder Steuerstrafverfahren einzuleiten, weil Waren aus Polen auf Befragen der Zollbeamten nicht oder unzutreffend angemeldet wurden und / oder aufwendig (z. B. in bauartbedingten Hohlräumen der Beförderungsmittel) versteckt waren. Festgestellt wurde z. B. auch, dass Lkw-Fahrer, die lebende Pferde aus Polen transportieren, Zigaretten unter Pferdemist auf der Ladefläche versteckt hatten. Von den Schmugglern wurde vermutlich angenommen, dass der "Ekelfaktor" die Zollbeamten von einer intensiven Kontrolle der Ladefläche abhalten könnte.

Reisten polnische Staatsangehörige mit einem in Polen zugelassenen Pkw ein, wurde von den Zollbeamten auch geprüft, ob Versicherungsschutz für das Fahrzeug bestand, d. h., ob eine erforderliche "grüne Versicherungskarte" mitgeführt wurde.

Reisende aus der UdSSR führten Wodka und Papyrossi (eine dort konsumierte Zigarette mit hohlem Pappmundstück), Krim-Sekt und Kaviar in die Bundesrepublik Deutschland ein.

Erstattung der Mehrwertsteuer

Staatsangehörige ausländischer Staaten konnten sich auf der Rückreise die Ausfuhr in der Bundesrepublik Deutschland erworbener Waren von den Zollbeamten der Grenzkontrollstellen bestätigen lassen, um die gezahlte Umsatzsteuer erstattet zu bekommen. Hierzu hatten sie ihr Ausweisdokument und die Waren mit Kaufbelegen den Zollbeamten vorzulegen. Sofern die Voraussetzungen vorlagen, haben die Zollbeamten die Ausfuhr mit Dienststempelabdruck und Unterschrift bestätigt.

Abfertigung des gewerblichen Güterverkehrs

Einfuhr

Ausländische Waren, die über Helmstedt in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt wurden, waren aufgrund geltender Bestimmungen grundsätzlich bei den Grenzkontrollstellen Helmstedt-Autobahn bzw. Helmstedt-Bahnhof vorzuführen. Hier erfolgte die (von den Zollbeteiligten beantragte) Abfertigung insbesondere zum:

- freien Verkehr

Zur Abfertigung zum freien Verkehr gehörte bspw. die Beschau der Waren, wenn sie vom Abfertigungsleiter angeordnet wurde. Der Beschaubefund war von den Zollbeamten in den Zollpapieren zu dokumentieren. Neben der Berechnung und Festsetzung der Eingangsabgaben (Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und ggf. Verbrauchsteuern) war weiterhin zu prüfen, ob bei der Einfuhr der vorgeführten Waren Verbote oder Beschränkungen zu beachten waren. Unterlag die Ware solchen Bestimmungen, konnte der Zollantrag u. U. mit der Folge nicht angenommen werden, dass die Waren wieder ausgeführt werden mussten. Eine Vielzahl von Zurückweisungen von Warenlieferungen insb. aus der Sowjetunion erfolgte bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn nach dem GAU (größter anzunehmender Unfall) im Kernkraftwerk in Tschernobyl am 26. April 1986.

- Versandverfahren

Bei der Abfertigung zum Versandverfahren war u. a. die Verschlusssicherheit des Beförderungsmittels zu prüfen. War Verschlusssicherheit gegeben, waren von den Zollbeamten Zollverschlüsse (Plomben) anzulegen, deren Anzahl und Bezeichnung in den Versandpapieren mit Unterschrift zu beurkunden waren. Die zum Versandverfahren auf der Seite www.Zoll.de dargestellten Grundzüge galten im Wesentlichen auch in den 1970er/1980er Jahren.

- Sonstiges

Von Fahrern in der Tschechoslowakei zugelassener Lastkraftzeuge war für die Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland die Kraftfahrzeugsteuer bei der Zollzahlstelle der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn zu entrichten.

In Hauptbehältern der Lastkraftwagen mitgeführte Kraftstoffe konnten grundsätzlich nur bis zu einer Menge von 200 ltr. eingangsabgabenfrei eingeführt werden. Darüber hinausgehende Kraftstoffmengen mussten versteuert werden. Vereinzelt wurde festgestellt, dass Kraftstoff in unter der Ladefläche zusätzlich angebrachten Behältern mitgeführt wurde. Neben der Versteuerung darin befindlicher Kraftstoffe konnte dies auch die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens zur Folge haben.

Ausfuhr

Die Ausfuhr gewerblicher Waren über die Grenzkontrollstellen Helmstedt-Autobahn und Helmstedt-Bahnhof in die oben genannten Staaten bedurfte ebenfalls der Mitwirkung durch Zolldienststellen.

Abfertigungsstation für in Richtung DDR / Ausland ausfahrende Lkw

(Creative Commens-Lizenz CC BY-NC-ND, Nds. Landesarchiv – Abt. Wolfenbüttel, Archivsignatur: 5 Bund Zg. 25/2008 Nr. 15)

- Versandverfahren

Die Grenzkontrollstellen fungierten als Ausgangszollstellen im Versandverfahren. Hier war u. a. zu prüfen, ob von der Abgangszollstelle angelegte Zollplomben unbeschädigt waren. Weiterhin gehörte zur Beendigung des Versandverfahrens die Rücksendung einer Ausfertigung des Versandpapiers an die Abgangszollstelle.

Zur Verdeutlichung: Bei der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn wurden bspw. von Zollstellen im Freihafen von Hamburg oder Bremen eröffnete Versandverfahren (T 1) erledigt, die dort für Warenlieferungen aus den Vereinigten Staaten (USA) nach Polen ausgefertigt worden sind. Die Grenzkontrollstellen waren aber auch Ausgangszollstellen für von niederländischen Zolldienststellen eröffnete Versandverfahren (T 2). Dieses Verfahren kam bspw. für im freien Verkehr der Niederlande befindliche Waren zur Anwendung, wenn solche Waren z. B. in die Sowjetunion geliefert werden sollten.

Einzelfalldarstellung: Von Zollbeamten der Grenzkontrollstelle Helmstedt-Autobahn wurde festgestellt, dass ein nach den vorgelegten Zollpapieren mit Textilien für einen polnischen Empfänger beladener Lkw tatsächlich unbeladen und die von den niederländischen Zollbehörden angelegt Zollplombe beschädigt war. Der Sachverhalt wurde an die Zollfahndung abgegeben, weil der Verdacht bestand, dass Waren aus den Niederlanden unversteuert in den Wirtschaftskreislauf der Bundesrepublik Deutschland gelangt sein könnten.

Ergänzende Erläuterung: Das T 2-Versandverfahren konnte für Waren der Gründungsstaaten der EU (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Niederlande) sowie der Beitrittsstaaten Dänemark, Großbritannien, Irland (1973), Griechenland (1981), Portugal und Spanien (1986) eröffnet werden. Für Waren aus anderen Staaten war das T 1-Verfahren einschlägig.

Weiterhin waren von den Grenzkontrollstellen Carnet TIR - Verfahren z. B. für Warentransporte nach Rumänien, Bulgarien und den Iran zu eröffnen. Dieses Verfahren ermöglichte eine unkontrollierte Durchfahrt durch eine Vielzahl von (Teilnehmer-)Staaten, sofern die von der Abgangszollstelle angelegten Zollverschlüsse unbeschädigt waren.

- Außenwirtschaftsrecht

Für in Deutschland produzierte / im freien Verkehr befindliche Waren hatten Wirtschaftsbeteiligte bei der Ausfuhr die nach außenwirtschaftlichen Bestimmungen erforderliche Dokumente (Ausfuhrerklärungen) vorzulegen. Die Zollbehörden hatten auch darauf zu achten, dass keine ausfuhrverbotenen Waren (Waffen, Hochtechnologie) in die Staaten des damaligen Ostblocks gelangten.

- Sonstiges

Lkw-Fahrer konnten vor Verlassen der Bundesrepublik Deutschland die Ausstellung eines "Tankscheins" für in den Hauptbehältern des Beförderungsmittels befindliche Kraftstoffe beantragen. Dieser "Tankschein" berechtigte zur eingangsabgabenfreien Einfuhr der zollamtlich bescheinigten Ausfuhrmenge.

Vereinzelt wurde festgestellt, dass Kraftstoffbehälter derart durch eingebaute Zwischenwände manipuliert waren, dass bei einer oberflächlichen Prüfung ein vollständig gefüllter Tank festgestellt und zollamtlich bescheinigt wurde. Wurde die Manipulation jedoch bei eingehenden Kontrollen erkannt und beseitigt, war festzustellen, dass der Kraftstoffbehälter nur zu einem Bruchteil befüllt war und der Beteiligte somit gegenüber der Finanzbehörde unrichtige Angaben gemacht hat. Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens wegen versuchter Steuerhinterziehung konnte die Folge einer solchen Manipulation sein.

Diese Webseite verwendet Cookies zur Optimierung der Webseitennutzung. Einzelheiten über die eingesetzten Cookies finden Sie in den Datenschutzbestimmungen.